Demokratiebewegung in den arabischen Staaten

Die Demokratiebewegung in den arabischen Staaten ist viel weitreichender und bedeutungsvoller, als die meisten ahnen; und zwar geht es um folgende Punkte:

1.  Eine treibende Kraft der Bewegung ist das Internet und die tausende youtube-Berichte. Obwohl die betroffenen  Regime die Meinungs- und Pressefreiheit massiv unterdrückt haben (Ägypten) oder weiterhin unterdrücken (Libyen, Iran), gelingt es ihnen nicht das Internet komplett zu eliminieren. Und nur durch die minütlich erscheinenden Videoclips wird die Bevölkerung der Länder informiert gehalten und damit ermutigt, weiter zu protestieren.

2.  Der zweite entscheidende Faktor ist die Jugend dieser Länder. Aktuell sind mehr als ein Drittel der Bevölkerung Ägyptens jünger als 15 Jahre und ich schätze, dass jeder Zweite Ägypter jünger als 25 Jahre ist. Diese Alterstruktur wird in den anderen arabischen Ländern ähnlich sein. Trotz der Armut in diesen Ländern hat die junge Generation guten Zugang zum Internet und zumindest in den Städten ist die Jugend gut unterrichtet, was in der Welt geschieht.

3. Die Proteste und die Revolutionen sind ideologiefrei. Anders als 1979 im Iran, als islamistische Fundamentalisten um Ajatollah Chomeini den “gottlosen” Schah Reza Pahlavi zum Teufel jagten um einen „Gottesstaat“ zu errichteten, geht es heute in Nordafrika nicht um die Errichtung eines irgendwie schon vorgedachten und vorstruktrurierten Gebildes.  Nein  -  Das einzige was die Protestler wissen ist, was sie nicht wollen: nämlich Ben-Ali, Mubarak, Gaddafi, Unfreiheit, Bevormundung und Armut. Diese Konzeptlosigkeit ist auch der Beleg dafür, dass der Protest von ganz unten, vom Volk kommt. Dort, wo es so etwas wie Opposition gibt, wie in Ägypten, war man von der Protestwelle überrascht und vollkommen unvorbereitet. Diese Unorganisiertheit ist ein Risiko, aber auch eine riesige Chance und macht Mut für die Zukunft.

Die Situation, dass “unorganisierte” junge Menschen sich mit Hilfe der neuen Medien informieren und organisieren können und etwas großen bewirken können, war vor 20 Jahren undenkbar. Insofern handelt es sich um einen Quantensprung für die demokratische Entwicklung und ich bin sicher, dass dies auch in China aufmerksam verfolgt wird.

Vor diesem Hintergrund, wo es in den arabischen Ländern tatsächlich um „Demokratie-now“ geht, wird sich mancher Fragen, wieso man im satten, zivilisierten und demokratischen Deutschland eine Internetseite „Demokratie-now“ nennt ? Ganz einfach: Demokratie ist nie etwas Statisches oder gar Ewiges. Demokratie muss stets neu eingefordert werden; die Regierenden dürfen nie aus den Augen gelassen werden. Deutschland war vor dem Dritten Reich bereits demokratisch und hat diese Demokratie leichtfertig und naiv verspielt. Also wiegt Euch nicht in Sicherheit.

Demokratie ist anstrengend und fordert die Mitarbeit eines Jeden.

Dieser Beitrag wurde unter Deutschland, Europa, Politik veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.