Fukushima II

Nun ist die Atomkatastrophe von Japan bereits 2 Wochen alt, 4 Reaktorblöcke sind de facto zerstört. Zaghaft spricht man von einer “zeitweisen” Kernschmelze; die Radioaktivität ist bereits auf das millionenfache gestiegen. Ach so  –  Plutonium hat man jetzt auch gefunden (ausserhalb des Reaktors).

Die Katastrophe ist so gigantisch und vielschichtig, dass man gar nicht weiss, wo man anfangen soll. Beginnen wir mit der technischen Seite. Die Spaltungsprozesse beginnen immer mehr ihr Eigenleben zu offenbaren; die Kernschmelze nimmt ihren Lauf. Selbst der Betreiber Tepco spricht nun davon, dass die Probleme noch Monate und Jahre dauern werden. Das mag den Normalbürger bereits beunruhigen; aber die Wirklichkeit ist, dass wir es hier mit einem Problem zu tun haben, dass uns Jahrzehnte, Jahrhunderte und noch länger beschäftigen wird, bzw. unsere Nachkommen.

Was noch schlimmer ist, ist die Art und Weise, wie in Japan mit der Katastrophe umgegangen wird. Bei uns hätte man vermutlich einen Krisenstab bei der Regierung eingerrichtet, wo Militär, Reaktorsicherheitskommission, Betreiber und wer sonst noch zusammensitzen. Wieso hat man nicht vor 2 Wochen dem Militär gesagt, in 12 Stunden muss im Reaktor Wasser sein; Punkt, Aus, Ende.

Das Unglaubliche besteht darin, dass man die Federführung und die Verantwortlichkeit bei Tepco belässt. Angefangen vom Personal, über die Aktivitäten, bis hin zu den Messungen. Hierin drückt sich ein naives Vertrauen in die gewohnten Abläufe und Hierarchien aus, dass es einem Angst und Bange werden lässt. Vielleicht ist es auch eine gewisse Furcht der Regierung vor Tepco. Worin könnte diese Furcht begründet sein?

Tepco (Tokyo Electric Power Company) ist ein japanischer Monopolist, der selbst EON, RWE und Konsorten bezüglich seiner Marktmacht, als Weisenknaben erscheinen läßt. Tepco ist ein Sammelbecken und Endlager für ausgediente Politiker, so wie Wolfgang Clement (SPD) jetzt von RWE gefüttert wird.  (Zur Erinnerung: Im August 2010 positionierte sich Clement als einer von 40 prominenten Unterzeichnern des energiepolitischen Appells, einer Lobbyinitiative der vier großen Stromkonzerne um die Laufzeitverlängerung deutscher AKW´s voranzubringen.) Die massive Verflechtung zwischen Industrie und Wirtschaft ist eine Besonderheit Japans. Als ich Ende der 70er Volkswirtschaft studierte, wurde das MITI (Japans Ministerium für Internationalen Handel und Industrie) zum Forschungsgegenstand westlicher Ökonomen hochstilisiert und als Wunderwaffe in Japans wirtschaftlichem Eroberungsfeldzug ausgemacht. Auch bei deutschlands Neoliberalen wollte man so etwas “nachbauen”. De facto handelt es sich um ein staatskapitalistisches Steuerungsinstrument, wie es bezeichnenderweise derzeit in China praktiziert wird. Wie auch immer, der Erfolg des MITI( MITI – Wikipedia ), bzw. seines Nachfolgeministeriums verblasst; der Filz ist allerdings geblieben. Vermutlich ist dies auch die Erklärung dafür, wieso Tepco seit mehr als 25 Jahren regelmäßig und systematisch Betriebsdaten, Messdaten und Störfallberichte zu den AKW´s ungestraft gefälscht hat und dies wohl auch weiterhin tut. Ja, Ihr armen japanischen Bürger, hier habt Ihr es mit einem technologischen und kapitalistischen Monster zu tun, dass gerade dabei ist, Euch aufzufressen. Es wird Zeit, dass Ihr Eure Samurai-Schwerte auspackt und den Kampf aufnehmt.

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